Schon bei unserer Ankunft in Glasgow war nicht zu übersehen, dass die Stadt sich ganz dem Radsport verschrieben hatte. Seit dem 3. August fanden nämlich in allen UCI-Sportarten die Titelkämpfe statt. Überall hingen Flaggen und Banner. In der Innenstadt war eine grosse Fan-Zone aufgestellt, wo live-Übertragungen der Wettkämpfe gezeigt wurden und Events und Konzerte stattfanden, sowie sich die Sponsoren präsentieren durften. Rund um diese Fan-Zone waren viele Strassen teilweise oder ganz abgesperrt, weil dort die Rennfahrer:innen bei den Strassenrennen durchsausten. Wo man auch hinging, man traf immer wieder freundliche Helfer:innen in türkisen Shirts und Jacken, aus Glasgow und der näheren und weiteren Umgebung (mindestens ein Helfer sogar aus der Schweiz), ohne die so ein Grossanlass nicht machbar wäre.
Zum Ende dieser Mega-WM des Radsports waren auch die 7 Medaillensätze für die Hallenradsportler: innen fällig, 5 davon im Kunstradfahren. In der Emirates Arena am Rande der Stadt hatten wir beste Bedingungen für den Wettkampf und wieder sehr viele hilfsbereite Helfer:innen, die auch manche administrative Schwierigkeit im Vorfeld vergessen machten. Und hier waren unsere zwei jungen Aargauer Talente mittendrin.
Die für Finnland startende Mella Hermann hatte mit ihren Trainerinnen im Vorfeld ihre Kür noch etwas umgestellt. So ging sie mit dem Wissen, dass mit etwas Glück die angestrebten 60 Punkte am 12. August sehr wohl in Reichweite sein würden, an die WM. Beim Training in der Wettkampfhalle gelangen zuweilen alle Übungen, aber die Nervosität stieg auch langsam an. Im Wettkampf gelangen schliesslich nicht alle «Wackelübungen» optimal und so konnte Mella die 60 Punkte nicht ganz mit nach Hause nehmen. Weil die Zeit am Ende knapp wurde, musste sie eine Übung auslassen, damit die Abschlussübung in den 5 Minuten Platz fand. Nachdem die Wertungsrichter die Abwertung bei einer selten gezeigten Übung noch diskutiert hatten, resultierten 58.88 Punkte und damit immerhin eine neue persönliche Bestleistung und der 1. Zwischenrang. So kam dann auf der «Siegercouch» aus farbigen Sitzsäcken das Lächeln doch noch in Mellas Gesicht zurück und wir blicken positiv auf die erste WM-Teilnahme von Mella zurück. Es war ein tolles Erlebnis, Teil eines solchen Grossanlasses zu sein! In Mellas Kategorie (1er Damen) siegte Ramona Dandl (D) vor Lara Füller (D) und Lorena Schneider (A). Alessa Hotz, die beste Schweizerin, musste sich dieses Jahr mit dem vierten Platz zufriedengeben. Mella beendete den Wettkampf auf dem 20. Rang bei 24 Teilnehmerinnen.
Für den 17-jährigen Silas Göbelbecker startete das Abenteuer Weltmeisterschaft mit einer grösseren Aufregung. Beim WM-Kaderzusammenzug eine Woche vor der Abreise nach Glasgow ging sein Kunstrad kaputt. Nach genauerem Betrachten stellte sein Vater und Mechaniker einen Rahmenbruch oberhalb des Tretlagers fest. Glück im Unglück war der Umstand, dass Silas nebst der 1er Disziplin seit 2 Jahren auch in der 2er Disziplin trainiert. Aufgrund der hohen Materialbelastung in dieser Disziplin besitzt Silas ein zweites Kunstrad. So absolvierte Silas in der letzten Woche vor der WM ein intensives Training auf dem umgebauten 2er Kunstrad, um das notwendige Radgefühl für die 1er Kür zu erlangen.
Weder die Aufregung um sein Rad noch das noch nicht zu 100% erlangte Zusammenspiel mit dem Ersatzrad konnten Silas aus dem Konzept bringen. Silas zeigte bei seiner ersten Teilnahme an einer Weltmeisterschaft eine super und sehr saubere Kür und konnte mit den 102.68 ausgefahrenen Punkten sein Ziel von 100 Punkten übertreffen. Seine Leitung reichte Silas am Schluss zum hervorragenden 13. Rang, wobei er damit 4 seiner nächsten Konkurrenten überholen konnte.
Beim Start an dieser Elite-WM ging es für den noch bei den Junioren startenden Silas vor allem darum, Erfahrungen zu sammeln. Dank der engagierten Unterstützung und guten Stimmung im Schweizer Team sowie der unglaublich tollen Atmosphäre Rund um diese Weltmeisterschaften wird dieses unvergessliche Erlebnis mit vielen spannenden und schönen Momenten auch für Silas lange in guter Erinnerung bleiben.